Kein Anfechtungsrecht bei Irrtum über Nachlasswert – OLG Zweibrücken (8 W 102/23)

Irrtum über Nachlasswert: Ein Fall aus der Praxis

Erbschaft ausgeschlagen, Nachlass falsch eingeschätzt? Das OLG Zweibrücken klärt, wann eine Anfechtung möglich ist. Praxis-Tipps von Erbrechtsanwälte Berlin.


Eine Frau schlug eine Erbschaft aus, weil sie den Nachlass für überschuldet hielt.

Später zeigte sich:

  • Der Hausanteil des Erblassers war wertvoller als angenommen.
  • Ein zuvor unbekanntes Bankguthaben war vorhanden, spielte aber für die Bewertung der Überschuldung keine Rolle.

Die Frau wollte ihre Entscheidung rückgängig machen – berief sich auf einen Irrtum (§ 119 BGB).

Das OLG Zweibrücken (Az. 8 W 102/23) entschied klar: Ein Irrtum über den Wert des Nachlasses reicht nicht aus, um die Ausschlagung wirksam anzufechten.


Die Leitsätze des OLG Zweibrücken

1. Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses zählt, Wertirrtum nicht

  • Beachtlich ist nur ein Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses.
  • Beispiele: ein unbekanntes Bankkonto, Grundstück oder andere Vermögenswerte.
  • Ein Irrtum über den Wert einzelner Nachlassgegenstände oder Schulden gilt als unbeachtlicher Motivirrtum.

2. Kausalität für die Entscheidung muss gegeben sein

  • Selbst wenn ein Guthaben übersehen wurde, ist eine Anfechtung nur möglich, wenn dieser Irrtum die Entscheidung maßgeblich beeinflusst hätte.
  • Im konkreten Fall hätte die Erbin auch bei Kenntnis des zunächst übersehenen Bankkontos ausgeschlagen, da sie weiterhin von einer Überschuldung ausging.

Praxis-Tipps für Erben und Erblasser

  1. Nachlass sorgfältig prüfen:
    • Immobilienanteile
    • Bankkonten
    • Digitale Vermögenswerte (z. B. Kryptowährungen, Online-Depots)
  2. Entscheidung dokumentieren:
    • Schriftliche Begründung schützt vor späteren Anfechtungen
  3. Fristen beachten:
    • Anfechtung muss innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist erfolgen
  4. Professionelle Beratung einholen:
    • Besonders bei Unternehmensnachfolge oder komplexen Vermögenswerten

FAQ – Häufige Fragen

Kann ich eine Erbschaft rückgängig machen, wenn ich mich über den Wert geirrt habe?
Nein. Ein Wertirrtum über Nachlassgegenstände reicht nicht aus. Nur die Zusammensetzung des Nachlasses zählt.

Gilt das auch für digitale Vermögenswerte?
Ja. Auch Bankkonten, Kryptowährungen oder Online-Depots fallen unter die Prüfung der Nachlasszusammensetzung.

Wie kann ich Risiken bei der Erbschaft vermeiden?

  • Prüfen Sie den Nachlass genau
  • Lassen Sie sich rechtlich beraten
  • Dokumentieren Sie Ihre Entscheidung

Fazit

Vor einer Ausschlagung einer Erbschaft sollten Nachlasszusammensetzung und Bewertung gründlich geprüft werden. Nachträgliche Korrekturen sind nur in sehr engen Grenzen möglich.

Erbrechtsanwälte Berlin unterstützt Sie dabei:

  • Prüfung und Bewertung des Nachlasses
  • Rechtssichere Ausschlagungsentscheidungen
  • Strategische Beratung bei Unternehmensnachfolge und digitalen Vermögenswerten

So treffen Sie fundierte Entscheidungen, die rechtlich Bestand haben.

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