Ist ein Erbschein erforderlich?

Wann reicht ein Testament – und wann braucht es mehr?

Die Frage, ob ein Erbschein notwendig ist, stellt sich regelmäßig im Zusammenhang mit der Nachlassabwicklung. Besonders relevant wird sie, wenn Immobilien, Bankkonten oder andere Vermögenswerte betroffen sind.

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In diesem Beitrag erfahren Sie, wann ein Erbschein zwingend erforderlich ist, wann er durch andere Dokumente ersetzt werden kann – und worauf Sie bei der Antragstellung achten sollten.

Wann ist ein Erbschein erforderlich?

Ein Erbschein ist ein amtliches Zeugnis, das die Erbenstellung bestätigt. Er wird insbesondere dann benötigt, wenn:

  • ein Grundstück zum Nachlass gehört und
  • die Erbfolge gesetzlich geregelt ist (also kein Testament oder Erbvertrag vorliegt).

In diesem Fall verlangt das Grundbuchamt gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO die Vorlage eines Erbscheins zur Berichtigung des Grundbuchs. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Grundstückswert unter 3.000 € liegt (§ 35 Abs. 3 GBO).

Wann ist ein Erbschein entbehrlich?

Liegt eine gewillkürte Erbfolge vor – also ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag – kann der Erbschein durch folgende Dokumente ersetzt werden:

  • die notarielle Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag)
  • die Niederschrift über die Eröffnung dieser Verfügung

Diese Kombination genügt dem Grundbuchamt gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO als Nachweis der Erbenstellung.

Auch gegenüber Banken und Sparkassen kann die Erbenstellung durch ein notarielles oder sogar ein eigenhändiges Testament nachgewiesen werden – jeweils mit Eröffnungsniederschrift. Voraussetzung: Die Erbfolge muss eindeutig und zweifelsfrei erkennbar sein (BGH XI ZR 440/15).

Welche Art von Erbschein ist die richtige?

Je nach Konstellation kommen verschiedene Erbscheinarten in Betracht:

ErbscheinartBeschreibung
AlleinerbscheinFür den alleinigen Erben
TeilerbscheinFür einzelne Miterben
Gemeinschaftlicher ErbscheinFür alle Miterben gemeinsam
Gemeinschaftlicher TeilerbscheinFür mehrere, aber nicht alle Miterben
Gegenständlich beschränkter ErbscheinNur für bestimmte Nachlassgegenstände
SammelerbscheinFür mehrere Erbfälle in einer Urkunde
HoffolgezeugnisBei landwirtschaftlichen Höfen (§ 18 Abs. 2 S. 3 HöfeO)
Was ist für den Antrag erforderlich?

Die Antragstellung kann beim Notar oder direkt beim Nachlassgericht erfolgen. Letzteres spart die beim Notar anfallende Umsatzsteuer. Für den Antrag sind folgende Angaben und Unterlagen notwendig:

  • Persönliche Daten des Erblassers, Todeszeitpunkt, letzter gewöhnlicher Aufenthalt, Staatsangehörigkeit
  • Art der Erbfolge (gesetzlich oder gewillkürt)
  • Urkunden: Testament, Erbvertrag, Sterbeurkunde, Heiratsurkunde, Geburtsurkunden, ggf. Erbverzichtserklärungen
  • Angaben zur Erbquote und zum Berufungsgrund
  • Ausschlussgründe anderer potenzieller Erben (z. B. Enterbung, Ausschlagung, Vorversterben)
  • Eidesstattliche Versicherung, dass keine entgegenstehenden Tatsachen bekannt sind
  • Nachweis über den Wert des Nachlasses zur Geschäftswertermittlung (§ 40 GNotKG)
Wer darf den Antrag stellen?

Zur Antragstellung berechtigt sind:

  • Alleinerben
  • Miterben (für sich oder gemeinschaftlich)
  • Vorerben und Nacherben
  • Erbeserben und Erbteilserwerber
  • Testamentsvollstrecker
  • Nachlassverwalter und Insolvenzverwalter
  • Gläubiger mit vollstreckbarem Titel gegen den Erblasser
Fazit: Frühzeitig Klarheit schaffen

Ob ein Erbschein erforderlich ist, hängt von der konkreten Erbkonstellation und den betroffenen Vermögenswerten ab. Wer frühzeitig prüft, welche Nachweise notwendig sind, spart Zeit, Kosten und vermeidet unnötige Hürden bei der Nachlassabwicklung.

Sie haben Fragen zur Erbenstellung oder zur Antragstellung eines Erbscheins? Wir unterstützen Sie gern – verständlich, strukturiert und mit Blick auf Ihre individuelle Situation.